Interview mit Ernst Brunbauer, Lenzing Papier

Ernst Brunbauer von Lenzing Papier im Interview

Im Zuge der Nachhaltigkeit beantwortete Ernst Brunbauer unsere Fragen zum Thema Recyclingpapier und Nachhaltigkeit:

Herr Brunbauer, Sie setzen sich nun schon fast 40 Jahre für die Herstellung von Recyclingpapier ein. Welche Beweggründe waren damals der Auslöser, dieses Thema zu Ihrem Lebenswerk zu machen?

Eines meiner Schlüsselerlebnisse hatte ich vor vielen Jahren mit meinem damaligen Arbeitgeber, der nicht verstand, dass uns Umweltschutz direkt und indirekt betrifft und viel mehr als ein Kostenfaktor ist. Ich habe mich in weiterer Folge sehr schnell verändert, um meiner Überzeugung zu folgen.

Mit der Zeit der Digitalisierung kam die Vision des papierlosen Büros auf. Denken Sie, diese Vision ist wirklich umsetzbar oder wird Papier noch sehr lange Zeit unseren Alltag begleiten?

Die Informationstechnologie ist Segen und Fluch zugleich. Als Unternehmer sehe ich die Vorteile der Nutzung der IT-Technologie, die uns in die Lage versetzt, interne Prozesse zu vereinfachen. Ich habe meinen ersten Computer in den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts gekauft und bin überzeugt von den Möglichkeiten, die uns IT bietet. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass zwischenmenschliche Beziehungen für unsere psychische Gesundheit eine große Rolle spielen. Hier übernimmt Papier als Mittler zwischen Individuen eine wesentliche Rolle. Papier ist ein Medium, das in der Bildung, als Informationsträger und als Archiv für wertvolle Daten unabdingbar ist. Ich denke, dass eine Symbiose von Papier und IT zum Vorteil der meisten Konsumenten gereichen.

Ihre Produkte sind mit diversen aussagekräftigen Umweltzertifikaten ausgezeichnet. Welches ist Ihnen denn am wichtigsten? Und welche Auszeichnungen streben Sie in der Zukunft noch an?

Umweltzertifikate sind Statements und Ausdruck der Unternehmensphilosophie, dass Umweltschutz ein zentrales Anliegen und integrierender Teil der Strategie ist. Aus der Fülle an Umweltauszeichnungen ragt zweifellos der „Blaue Engel“ heraus, der aus meiner Sicht die umfassendste Definition wichtiger Umweltkriterien enthält. Die höchste Auszeichnung, die wir erhalten können, ist das anhaltende Vertrauen, das uns unsere Kunden entgegenbringen und das wir uns ständig erarbeiten.

Sie pflegen eine enge Zusammenarbeit mit Cycle4Green. Wie kam es dazu und was bewirkt Ihre Zusammenarbeit?

Vor vielen Jahren lernte ich den Gründer von Cycle4Green, Herrn Petri Tani kennen, der mich rasch für seine Idee gewinnen konnte, ein Projekt aufzusetzen, das das Recycling von „Post-consumer“ Glassine Papieren zum Ziel hatte. Ich war mit der Papiersorte Glassine als verant-wortlicher Vorstand eines Papierherstellers, der dieses Produkt herstellte, und dessen Kunden vertraut. Wir konnten gemeinsam das vorher schier Unmögliche möglich machen und ein Abfallprodukt, das bestenfalls verbrannt wurde, als wertvollen Faserstoff wieder in den Produktionszyklus integrieren.

Die Cradle2Cradle Zertifizierung ist ein sehr relevantes Thema in der Papierbranche. Welche Chancen bietet diese Auszeichnung und was bewirkt sie konkret für Lenzing Papier?

Wir beschäftigen uns seit vielen Jahren mit dem Thema Cradle2Cradle und haben es intensiv, intern, aber auch mit potenziellen Kunden diskutiert. Dem Grundgedanken, dass ein Produkt am Ende seines Lebenszyklus als Nährstoff für Pflanzen dienen soll, konnten wir vieles abgewinnen. Daher haben wir unsere Prozesse nochmals durchforstet und alle Hilfs- und Betriebsstoffe dahingehend untersucht, ob unsere Produkte einen Nährboden für neues Leben bieten können. Dass wir mit unserer Philosophie bereits auf dem richtigen Weg waren, bestätigte, dass wir nur geringe Änderungserfordernisse hatten. Nichtsdestotrotz ist es sinnvoll, dass unsere Produkte so oft wie möglich in den Recyclingkreislauf zurückkommen, bevor sie den Weg alles Irdischen antreten und von Mikroorganismen als Nahrung aufgenommen werden. Damit wird der Philosophie des Recyclings Rechnung getragen, die Ressourcenschonung hinsichtlich Rohstoffe und Energie verfolgt.

Nachhaltigkeit ist schon seit langem ein großes Thema und rückt dennoch immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Können Sie uns von Projekten erzählen, die Sie in der Zukunft geplant haben?

Für mich ist Nachhaltigkeit eine Lebensphilosophie, die nach ständiger Verbesserung strebt. Es gibt kein Ende der Bemühungen, um unseren Fußabdruck zu verkleinern. Eines meiner Prinzipien ist, eine Liste der größten Einflussfaktoren zu erstellen und diese der Reihe nach abzuarbeiten. Fangen wir die größten Fische zuerst! Eines unserer großen Projekte ist, den Energieeinsatz für die Papiertrocknung signifikant zu reduzieren. Häufig gibt es Synergien zwischen wirtschaftlich und technologisch sinnvollen Maßnahmen. Steigerung der Energieeffizienz ist eines unserer revolvierenden Projekte.

Wir bedanken uns recht herzlich bei Herrn Brunbauer und wünschen für die Zukunft alles Gute!

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